Letters to Nature

Leuchtkästen in Schaufenstern von Oliver Ressler

Kunsthalle Wien, 1995

Als Ausgangspunkt dieser für die Schaufenster der Kunsthalle Wien konzipierten Arbeit dienen isolierte Teilbereiche von gentechnischen Forschungsergebnissen, die im wöchentlich erscheinenden britischen Wissenschaftsmagazin Nature unter der Rubrik „Letters to nature“ in den letzten Monaten publiziert wurden.

“Letters to Nature”, invitation card for Kunsthalle Wien, 1995

„Letters to nature“ repräsentieren die zur Zeit stattfindende Entschlüsselung von menschlichem, tierischem und pflanzlichem Erbmaterial. Materieller Träger der ge­netischen Information ist das Genom bzw. das genetische Material – in den meisten Fällen die doppelsträngige DNA. Die im Zellkern kodierten Informationen liegen als Ketten einzelner Nukleotide vor. Nukleotide sind die Bausteine der Nukleinsäuren; auf der besonderen Reihenfolge der Basen im Nukleinsäuremolekül beruht wiederum die genetische Information.

Diese Arbeit übernimmt ein in der Genforschung angewandtes Prinzip, bestehendes (Erb-)Material durch manipulative Eingriffe zu verändern. Analog zu den im Labor vorgenommenen und erstrebten Eingriffen – z.B. die Herstellung transgener (Nutz)Tiere und Pflanzen und genetisch aufgerüsteter Medikamente, Klonung, Gentherapie, genetische Gesundheitsvorsorge, eventuell Keimbahntherapien etc. – wurde auch in der hier vorgestellten Arbeit innerhalb der Nukleinsäure-Sequenzen manipuliert.

“Letters to Nature”, Kunsthalle Wien, display windows at the Porr-Haus, Vienna, 1995

Die Art und Anzahl dieser metaphorischen Eingriffe ist durch die Komplexität der Se­quenzen für den Betrachter bzw. die Betrachterin nicht nachvollziehbar. Dieser/diese wird jedoch durch einen Text in einem der 5 Schaufenster über die an den DNA-Strängen durchgeführten Veränderungen informiert.

“Letters to Nature”, Kunsthalle Wien, display windows at the Porr-Haus, Vienna, 1995

Die Manipulation der in grüner Farbe reproduzierten Nukleinsäure-Sequenzen weist auf die umfassenden Forschungsversuche der Wissenschaft hin, deren Auswirkungen auf die Umwelt nicht kalkulierbar erscheinen. So könnte es etwa unabschätzbare Folgen nach sich ziehen, wenn sich die transferierte DNA gentechnisch veränderter Organismen (GVOs) eigenständig auf andere Organismen verbreitet. Die Genetik repräsentiert in dieser Arbeit wissenschaftliche Forschung, die trotz fehlender sicherer Kenntnisse über potentielle Auswirkungen auf komplexe Systeme wie das Ökosystem und alle damit verbundenen, unvorhersehbaren und möglicherweise irreversiblen Folgen – nahezu unbeachtet von der Öffentlichkeit und den Medien, zu einem großen Teil staatlich subventioniert – stattfinden kann.