Resist to Exist

Ein Projekt im öffentlichen Raum in Kopenhagen von Oliver Ressler

2011

Das Projekt „Resist to Exist“ besteht aus zwei Elementen, die nebeneinander in Sichtweite von der S-Bahn Station Bispebjerg in Kopenhagen präsentiert wurden.

“Resist to Exist”, billboard and fence next to the S-train station Bispebjerg, Copenhagen, 2011
“Resist to Exist”, billboard and fence next to the S-train station Bispebjerg (detail), Copenhagen, 2011

Das erste Element der Intervention ist ein freistehendes Plakat der Größe 366 x 244 cm, das ein fotografisches Bild von eingezäunten Containern des Schifffahrts- und Erölkonzerns Maersk zeigt. Maersk ist der größte dänische Konzern und der weltweit größte Betreiber von Container-Schifffahrt. Container sind maßgeblich für den Transport von Waren rund um den Globus und daher unabdingbar für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Weltmarkts. Große Teile des Zauns auf dem Bild sind zerstört, als ob sie in einem Aufruhr herausgebrochen wurden.

“Resist to Exist”, billboard, 2011

Dieses Plakat wird durch einen 12 Meter langen Zaun ergänzt, der in der Nähe des Plakats platziert wurde. Es scheint der auf dem Plakat abgebildete herausgebrochene Zaun zu sein. Der Zaun wurde mit Betonblöcken unterlegt, so dass er ein bisschen höher als das Bodenniveau ist. Diese metallene Struktur kann als Rost für einen großen Grill benutzt werden, der für die Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Der Zaun, der kürzlich noch die Grenze zwischen einem transnationalen Konzern und der Öffentlichkeit bestimmte, wurde in etwas Gemeinsames (ein „Commons“) transformiert – in etwas Erfreuliches, Praktisches und Sinnvolles, wo Menschen zusammentreffen können. Es entsteht das Bild der Enteignung der „Republik des Eigentums“ durch die „Multitude der Armen“, die „im Zentrum des Projekts der revolutionären Transformation“ auftritt[1]. Nach dem Sozialwissenschaftler David Harvey sei es die zentrale Errungenschaft des Neoliberalismus gewesen, Reichtum und Einkommen umzuverteilen, und nicht zu generieren. In dieser „Akkumulation durch Enteignung“ wird bestehender Reichtum von transnationalen Konzernen überall auf der Welt in Besitz genommen, üblicherweise den Armen oder dem öffentlichen Sektor entzogen, mit legalen oder illegalen Mitteln, zumeist aber in Situationen, in denen die Grenzen der Legalität nicht eindeutig zu bestimmen sind.[2] Das Plakat imaginiert die Wiederaneignung dieses ehemals enteigneten Reichtums, einen Versuch, ihn wieder zurückzugewinnen.

“Resist to Exist”, billboard and fence next to the S-train station Bispebjerg, Copenhagen, 2011

Das Projekt „Resist to Exist“ wendet Aktivitäten an, die die Protagonist_innen sozialer Bewegungen wie die Piqueteros in den Aufständen während der Krise in Argentinien 2001 praktiziert haben. Für sie wurde das Zerstören von Zäunen und deren Wiederverwendung als Gerätschaften, um Essen zuzubereiten, zu einem Akt des Überlebens. Um zu existieren, wurden die Grenzen zu dem, was als unverrückbar schien, aufgebrochen.

“Resist to Exist”, billboard and fence next to the S-train station Bispebjerg, Copenhagen, 2011

Das Projekt in Kopenhagen findet auf einem ehemaligen Bahnareal statt, das die Anwohner_innen zwischen 2002 und 2007 in einen Park (mit Grillstellen) und Kultureinrichtungen entsprechend ihrer Bedürfnisse zu transferieren versuchten; aber ihre Anliegen wurden von der Stadtverwaltung nicht berücksichtigt. Das Areal grenzt außerdem an das Føtex Einkaufszentrum an, eines von vielen Tochterunternehmen von Maersk.

„Resist to Exist“ verfolgt die Frage, ob eine aktivistische Praxis, die in einer bestimmten historischen Situation zur Anwendung kam, neue Relevanz in der momentanen Situation erhalten kann, in der nicht ein einzelner Staat, sondern das gesamte kapitalistische System in der Krise steckt.

Das Projekt wurde am 30. Juli 2011 mit einem gratis Grillessen eröffnet und war bis zum 21. August 2011 rund um die Uhr für Treffen und als Grillplatz zugänglich.

“Resist to Exist”, video documentation, 2,5 min, 2011

Das Projekt wurde während einer artist’s residency bei ANA – Astrid Noacks Atelier in Kopenhagen im Juli 2011 durchgeführt und von Statens Kunstråd, Nørrebro Lokaludvalg und BM:UKK unterstützt.
Credits: Kirsten Dufour (ANA, YNKB), Katrine Skovgaard (ANA), Biba Fibiger, Inger Kærgaard, Andreas Lykke Jensen, John Jordan, Bjørn O. und Katarzyna Winiecka.

[1] Antonio Negri and Michael Hardt: Common Wealth, Frankfurt, 2010, S. 54
[2] ebenda, S. 245

“Resist to Exist”, billboard and fence next to the S-train station Bispebjerg (vandalized), Copenhagen, 2011 (photo: Inger Kærgaard)
“Resist to Exist”, billboard, fence, video, 2011. Installation view: “The Plundering” (solo show), Lentos Kunstmuseum, Linz, 2014 (photo: Reinhard Haider)