Bildtextmontagen von Oliver Ressler
Ein Beitrag zur Ausstellung „Modell, Modell…“ des Neuen Aachener Kunstvereins, RWTH-Projektwochen „Der künstliche Mensch – Visionen des Machbaren“ in Aachen, 4.5.–16.6.2000
„Focus on Companies“ bezieht sich auf die zeitgleich in Aachen stattfindende Ausstellung „Focus on Genes“. „Focus on Genes“ ist eine vom soziokulturell agilen Hygiene-Museum in Dresden veranstaltete Wanderausstellung, die Gentechnologie „auf populärwissenschaftliche und erlebnisorientierte Weise vermitteln“ will.
Gemäß der Projektankündigung sind „die grundlegenden Ausstellungsinhalte von ‚Focus on Genes‘ in einem reich illustrierten Katalog, der im Rahmen des ‚Gen-Welten‘-Projektes 1998 erschienen ist, ausführlich behandelt“. Wie in dieser vorangehenden Ausstellung des Hygiene-Museums soll wieder Wissen zur Gentechnik vermittelt werden, um „sich eine eigene Meinung zu verschaffen“ und dem Ziel näher zu kommen, „die Chancen und Risiken, die der Einsatz der Gentechnik bieten kann, aus medizinischer, ethischer und gesellschaftlicher Sicht abzuwägen.“
The text reads: The basis for genetically manipulated seeds is the biological diversity of the South which companies contract exclusively through free imports. The use of manipulated seeds, on the contrary, is strictly controlled by the companies through patents and contracts for use: In order to secure their profits, the companies bring sterile genetically manipulated seeds to the market. Thus, the seeds own ability to reproduce is intentionally destroyed. In other cases, farmers are forbidden by contract to plant a part of their harvest in the following year. This transformation of common property into a market product in many cases creates poverty and underdevelopment.
Um ein Gegengewicht zu den fünf in Deutschland und der Schweiz gezeigten „Gen-Welten“-Ausstellungen zu setzen, habe ich 1998 das zeitgleich stattfindende Projekt „geGen-Welten: Widerstände gegen Gentechnologien“ realisiert*.
In einem im Rahmen dieses Projektes veröffentlichten Text** habe ich darauf hingewiesen, dass der Konzeption von „Gen-Welten“ die falsche Grundannahme zugrunde liegen würde, dass einzelne Individuen die Möglichkeit der Mitbestimmung hätten, welche Technologien zur Anwendung kämen und welche nicht. Die Entscheidung darüber fällt jedoch nicht auf einer demokratischen Basis, sondern steht im Zusammenhang mit den mächtigen Kapitalinteressen und dem politischen Druck der Konzerne. Ob „Gen-Welten“ oder „Focus on Genes“ – die Rolle der Ausstellungen besteht nur in der Akzeptanzbeschaffung!
The text reads: Scientists’ opinions are presented as objective, the opinions of all other people as subjective.
Scientific research is always an expression of existing social power relations.
Das Projekt „Focus on Companies“ rückt daher Konzerne, die die gentechnologische Forschung und Produktentwicklung vorantreiben, ins Zentrum der Kritik.
Ausgangspunkt der für die Ausstellung in Aachen produzierten Printserie sind aktuelle Publikationen von Konzernen wie Novartis, Schering, Bio-Rad Laboratories und Roche, die als Sponsoren von „Focus on Genes“ auftreten. Einzelne Seiten aus Geschäftsberichten und Broschüren wurden ausgewählt, wobei die Originaltexte, die verschiedene Teilbereiche von Gentechnologie thematisieren, durch schwarz umrahmte gelbe Textfelder ersetzt wurden.
Im Gegensatz zu den Warnschildern des „geGen-Welten“-Projekts stehen bei „Focus on Companies“ nicht die von den Technologien ausgehenden Gefahren im Mittelpunkt, sondern die ökologische und soziale Logik der Gentechnik und ihre globalen, gesellschaftspolitischen Auswirkungen. Für diese Bereiche ist in den Publikationen der Konzerne und in „Focus in Genes“ kein Platz. Daher sind die Texte der Konzernbroschüren mit einem politischen Kommentar überdeckt, der Themen aus der Ausstellung aufgreift (Xenotranplantationen, Gentech-Reis mit Vitamin A, Antimatschtomate) und andere Perspektiven einnimmt.
“Focus on Companies”, text/image montage, 72 x 55 cm, 2000
The text reads: Science is a means of pushing through economic interests and political ideologies. Through genetic engineering, new markets should be made accessible and the accumulation of capital secured. The seizure of plants, animals and people by transnational companies, accords with the capitalist economic system’s totalitarian principle of transforming everything into products.
“Focus on Companies”, text/image montage, 54 x 72 cm, 2000
The text reads: Genetic engineering is based on the delusive idea of an absolute control-ability to steer biological processes. Whereas the companies expect increased profits from the new capitalist offensive in the agrarian sector, genetically produced food stuffs have no advantages from the perspective of the consumer. Nonetheless, they are to carry the ecological, economic and political costs and risks.
* Oliver Ressler, geGen-Welten: Widerstände gegen Gentechnologien, Edition Selene, 1998, 84 S.
** Verschiedene Fassungen wurden in der „geGen-Welten“-Publikation, in den Zeitschriften ak – analyse & kritik, iz3w – Blätter des Informationszentrums 3. Welt und dem GID – Gen-ethischer Informationsdienst abgedruckt.
„Focus on Companies“ wurde an verschiedenen Instituten der RWTH Aachen gezeigt.